Neue Studie zur Covid-19 Forschung aus Bielefeld: Corona-Virus zerstört Mikrogefäße der Leber

Die Covid-19-Erkrankung belastet nicht nur die Lunge, sondern das ganze System Mensch. Ein Forscherteam aus Bielefeld, Hamburg, Hannover und Boston (Harvard Medical School) hat jetzt in einer Studie mit der weltweit bisher größten Serie an Lebergewebeproben nachgewiesen, dass dieses Organ bis in die Mikrogefäße geschädigt wird. Eine mögliche Behandlungsoption: Blutverdünnende Medikamente können bei Patientinnen und Patienten mit schweren Covid-19 Verläufen helfen, die Leber zu schützen.

Konzentrierte Zusammenarbeit ist ein Erfolgsrezept in der Forschung. Professorin Barbara Kaltschmidt und Professor Jan Schulte am Esch.

Konzentrierte Zusammenarbeit ist ein Erfolgsrezept in der Forschung. Professorin Barbara Kaltschmidt und Professor Jan Schulte am Esch.

Weltweit arbeiten Forscher in einem Wahnsinnstempo daran, mehr über die Erkrankung Covid-19 zu erfahren. Ein Ziel ist es unter anderem wirksame Behandlungswege zu entwickeln. Die Forschergruppe um Professorin Dr. Barbara Kaltschmidt, Zellbiologin an der Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld und Prof. Dr. Jan Schulte am Esch, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB), hat jetzt ein weiteres Puzzleteil gefunden, das mehr Erkenntnisse in der Coronaforschung zulässt. „Wir haben das Organ Leber in den Mittelpunkt unseres Projektes gestellt und konnten durch die enge Zusammenarbeit mit der Rechtsmedizin am UKE in Hamburg die weltweit bisher größte Serie an Gewebeproben der Leber untersuchen“, erklärt Prof. Jan Schulte am Esch, der sich seit 25 Jahren forschend mit dem Organ Leber beschäftigt.

Was sich für Laien eher als eine kleine Zahl anhört, ist für das Forscherteam ein Glücksfall: „Unter streng reglementierten Bedingungen haben wir Leber-Gewebeschnitte von insgesamt 73 verstorbenen Patienten und Patientinnen aus der Rechtsmedizin in Hamburg bekommen. Alle verstarben an einer Lungenentzündung, aber 13 Patienten ohne SARS-CoV-2. Damit hatten wir erstmals eine Kontrollgruppe.“ Eine gute Ausgangslage für Zellbiologin Barbara Kaltschmidt, die nach einem hochpräzisen Ablauf im Labor die Untersuchungen im Nanobereich durchgeführt hat, um die Viren und deren Vermehrung im Gewebe nachzuweisen.

„Die Erkrankung schädigt die Leber durch Mikrothrombosen. Das sind Gerinnselbildungen der feinsten und kleinsten Gefäße, die wir vor allem bei den Menschen entdeckt haben, die zu Hause oder im Heim gestorben sind. Deutlich seltener hatten stationär behandelte Patientinnen und Patienten diese Veränderungen. Der wahrscheinliche Grund dafür liegt darin, dass im Krankenhaus typischerweise vorsorglich blutverdünnende Medikamente gegeben werden, um Thrombosen zu vermeiden“, fasst Prof. Jan Schulte am Esch ein wichtiges Ergebnis zusammen. Um eine entsprechende Therapieempfehlung aus diesen Erkenntnissen zu entwickeln, werden noch weitere Studien notwendig sein. Doch der erste wichtige Schritt ist gemacht. 

Die zweite Erkenntnis der Studie zeigt neben der intensiven Leberschädigung durch das Corona-Virus auch den Versuch der Selbstheilung des Organs. „Die Leber ist mit beeindruckender Regenerationskraft ausgestattet. Dafür hat sie drei Möglichkeiten. Erstens durch Hepatozyten, also Leberzellen. Wenn das nicht funktioniert, werden organeigene Stammzellen, sogenannte Vorläuferzellen in der Leber aktiviert. Beide Zelltypen können viral befallen werden und sterben dann ab. Wenn Methode eins und zwei nicht funktionieren, können noch Stammzellen vom Knochenmark zur Unterstützung der Reparatur in die Leber einwandern, aber das kann dauern“, beschreibt Prof. Barbara Kaltschmidt die Prozesse. „Und wir wissen ja, dass Menschen mit einer schweren Form von Covid-19 sehr lange brauchen, um wieder fit zu werden (Long Covid Syndrom). Unsere Studie zeigt einen der Gründe.“
Insgesamt untermauert die Forschungsarbeit, an der Leberspezialisten, Intensivmediziner, Rechtsmediziner, Pathologen, Zellbiologen und Physiker intensiv beteiligt waren, dass das Corona-Virus SARS-CoV-2 nicht nur Atemwege und Lungen infiziert, sondern auch den ganzen Körper massiv angreift. Für die internationale Forschergemeinschaft, die sich damit beschäftigt, das Virus besser zu verstehen, ist die Arbeit aus Bielefeld ein weiterer Mosaikstein, Therapien wirksamer zu machen.

Zentrum für seltene Erkrankungen

Eine Krankheit gilt dann als selten, wenn weniger als 5 von 10.000 Menschen an ihr leiden. Doch auch wenn sie selten auftreten – in Deutschland haben etwa vier Millionen Menschen eine seltene Erkrankung. Der Großteil davon sind Kinder. Die Seltenheit der einzelnen Erkrankungen erschwert die medizinische Versorgung der Betroffenen. Wegen spärlicher Untersuchungsdaten und oftmals mangelnder Erfahrung aufgrund der geringen Behandlungszahlen gelingt eine genaue Diagnose häufig erst sehr spät. Entsprechend verzögert setzt die Therapie ein. Die Patienten haben zu oft einen langen Leidensweg um eine Diagnose zu bekommen. Das Zentrum für Seltene Erkrankungen bündelt im Evangelischen Klinikum Bethel alle vorhandenen Kompetenzen in einem Netzwerk, um die Situation der erkrankten Kinder und Erwachsenen zu verbessern.

Seltene Erkrankungen – und wer sie behandelt

Etwa 6.000 Erkrankungen gelten als selten. Bei einer der folgenden seltenen Erkrankungen helfen wir Ihnen gerne weiter:

Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS)

  • Seltene Demenzformen (die nicht zur Alzheimer-Erkrankung gehören)
  • Dissoziative Identitätsstörung
  • Pharmakoresistente Epilepsie
  • Epileptische Enzephalopathie
  • Dravet-Syndrom und frühe epileptische Enzephalopathien
  • Epilepsie bei Sturge-Weber-Syndrom, Tuberöse Sklerose Komplex und anderen Neurokutanen Syndromen
  • Epilepsie bei Malformationen cortikaler Entwicklung im Säuglings- und Kindesalter
  • Kataplexie
  • Narkolepsie
  • Normaldruckhydrocephalus (NPH)
  • Cerebrale Non-Hodgkin Lymphome
  • Tumoren bei Patienten mit Behinderung
  • Hämatologische Erkrankungen bei Menschen mit Behinderung
  • Leukämien bei alten Patienten Tumoren mit definierten therapierelevanten genetischen Mutationen
  • Primär Biliäre Cholangitis (PBC)
  • Primär Sklerosierende Cholangitis (PSC)
  • Leberschäden durch Medikamententoxizität
  • Stoffwechselerkrankungen mit Leberbeteiligung
    • Alpha1-Antitrypsin-Mangel
    • M.Wilson
    • Hämochromatose
  • Autoimmunhepatitis und Overlap-Syndrome
  • Hepatozelluläres Karzinom
  • Fehlbildungen der Leber und der Gefäße
    • Choledochuszysten
    • Caroli-Syndrom
    • Pfortaderthrombose
  • Genetisch determinierte Pankreatitiden
    • hereditäre Pankreatitis
  • Autoimmunenteropathien
  • Polyposissyndrome (FAP, AFAP, etc.)
  • Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
  • Seltene Infektionen
  • Hereditäres Angioödem (HAE)
  • Mastozytose
  • Chronisch spontane Urticaria
  • Anaphylaxie
  • Schweres Allergisches Asthma (SAA)
  • Angeborene/erworbene Störungen der Nebenniere
  • Entwicklungsstörungen bei Hypophyse
  • Angeborene/erworbene Störungen der Schilddrüse
  • DSD/Geschlechtsdifferenzierungsstörung
  • Störungen des Salz-Wasser-Haushalts
  • Störungen der Pubertätsentswicklung
  • Kleinwuchs
  • Syndromale Hochwuchsform
  • Monogene/syndromale Adipositas
  • Prader-Willi-Syndrom
  • Hyperinsulismus
  • Familiärer Diabetes (MODY)
  • Neonataler Diabetes
  • Typ 2 Diabetes bei Kindern und Jugendlichen
  • CF Related Diabetes (CFRD)
  • Analatresie
  • Morbus Hirschsprung
  • Ösophagusatresie
  • Shwachman-Syndrom
  • Cornelia-de-Lange-Syndrom
  • Pankreasfehlbildungen/Pankreatitis (hereditär)
  • Familiäre Polyposis-Syndrome
  • Eosinophile Erkrankung des Magen-Darm-Traktes
  • Autoinflammatorische Syndrome
  • Nicht-bakterielle Osteomyelitiden
  • Angeborene Immundefekte bei Kindern
  • Kindliche HIV-Infektion
  • Angeborene Herzfehler
  • Erworbene Herzerkrankungen im Kindesalter
  • Angeborene und erworbene Herzrhythmusstörungen
  • Kardiomyopathien im Kindesalter
  • Sarkome
  • Keimzelltumore
  • Cystische Fibrose (CF)
  • Primäre ciliäre Dyskinese (PCD)
  • Tuberkulose und atypische Mykobakteriosen bei Kindern
  • Interstitielle Lungenerkrankung (ILD)
  • Schweres Asthma (SA)
  • Tourette-Syndrom
  • Early onset-Schizophrenie (bei Patienten im Alter unter 12 Jahren)
  • Frühkindlicher Autismus
  • Psychosen beim Autoimmunenzephalitis
  • Atypische Demenzsyndrome
  • Atypische Parkinsonsyndrome
  • Diffuse Mittelliniengliome
  • Pilozytische Astrozytome
  • Pleomorphe Xanthoastrozytome
  • Astroblastome
  • DNT
  • Ganglioglome
  • Neurofibromatose Typ 1 und Typ 2

Neurodegenerative Erkrankungen

  • Atypische Demenzsyndrome
  • Atypische Parkinsonsyndrome

Erkrankungen des Schlafs

  • Kataplexie
  • Narkolepsie
  • Arthrogryposis multiplex congenita
  • Epilepsie (schwer behandelbar)
  • Hirnfehlbildungen
  • Mikrozephalus
  • Neuromuskuläre Erkrankungen
  • Leukodystrophien
  • Spina bifida
  • Neurokutane Syndrome
  • Neurodegenerative Erkrankungen
  • Bewegungsstörungen
  • Somatisch vermittelte Psychosen (z.B. bei Epilepsie, Entzündungen)
  • Entzündliche Erkrankungen des Zentralen Nervensystems
    • z. B. ADEM Neuromyelitis optica-Spektrum Erkrankungen
  • Glioneuronale Tumoren
  • Langzeit-Epilepsie-assoziierte Tumoren (LEAT)

 

Kontakt

Zentrum für seltene Erkrankungen

Geschäftsstelle
Kinderzentrum
Grenzweg 10
33617 Bielefeld

Tel: 0521 772-77291
Tel: 0521 772-77291
Fax: 0521 772-78060

zeseb@evkb.de

Anfahrt

Univ.-Prof. Dr. med.
Eckard Hamelmann

Sprecher Zentrum für seltene Erkrankungen

Yvonne Bode

Studienadministration

Medizinische Technologin - Funktionsdiagnostik

Studienassistentin

Die beteiligten Kliniken

Anästhesiologie, Intensiv-, Notfall-, Transfusionsmedizin und Schmerztherapie

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Allgemein- und Viszeralchirurgie

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Thoraxchirurgie

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Neurochirurgie

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Gynäkologie und Geburtshilfe

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Innere Medizin, Pneumologie und Intensivmedizin

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Innere Medizin und Gastroenterologie

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Innere Medizin und Geriatrie

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Innere Medizin, Hämatologie/Onkologie, Stammzelltransplantation und Palliativmedizin

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Kinder- und Jugendmedizin

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Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie

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Psychiatrie und Psychotherapie

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Psychotherapeutische und psychosomatische Medizin

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Epilepsie-Zentrum im Krankenhaus Mara

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Unsere Auszeichnungen

Qualitätssiegel MRSA

Für ihre Maßnahmen gegen die Verbreitung multiresistenter Erreger (MRE) sind das Evangelische Klinikum Bethel (EvKB) und das Krankenhaus Mara vom MRE-Netzwerk Nordwest mit dem Qualitätssiegel MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) ausgezeichnet worden. Das Siegel wird nur an Krankenhäuser vergeben, die in 10 verschiedenen Qualitätszielen zur Verhinderung der Verbreitung von MRSA punkten.

Aktion Saubere Hände Gold

Mit dem Gold-Zertifikat für die Jahre 2022 und 2023 hat das Evangelische Klinikum Bethel die höchste Auszeichnung der "Aktion saubere Hände" für Maßnahmen zur Krankenhaushygiene erhalten.

https://www.aktion-sauberehaende.de/ash/ash/ _blank

Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V.

Das Evangelische Klinikum Bethel ist Mitglied im Aktionsbündnis Patientensicherheit, um unseren Patienten eine größtmögliche Sicherheit bei ihrer Behandlung zukommen zu lassen.

http://www.aps-ev.de/

Verstetigung Hygiene

Das Evangelische Klinikum Bethel wurde mit dem Siegel "Qualität und Transparenz" durch die Interreg Deutschland Nederland ausgezeichnet.

https://www.deutschland-nederland.eu/ _blank